Was versteckt sich hinter Mediation?

Als ich vor ca. eineinhalb Jahren mit meiner Ausbildung zum Mediator begonnen habe, waren Konflikte für mich ein rotes Tuch. Ich habe sie vollkommen gemieden, habe mich davor gefürchtet, bin ihnen so gut es ging aus dem Weg gegangen und war die meiste Zeit ohnmächtig, wenn ich in solchen Situationen gefangen war. Was hat diese Ohnmacht mit mir gemacht? Ich fühlte mich schlecht, mein Selbstwert war jedesmal angegriffen und bin in Selbstzweifel verfallen. Ergo, ich habe mich immer stärker zurück gezogen, Leute gemieden, bei denen ich das Gefühl hatte anecken zu können und hab zu allem JA und Amen gesagt um die ganze Welt zufrieden zu stellen.

Wer kennt das noch?

Auch wenn ich mich davor schon sehr viel mit mir selbst beschäftigt habe und versuchte durch gewisse Methoden heraus zu finden, WER ICH BIN UND WARUM, hat mir diese Ausbildung zum Mediator noch einmal ganz neue Facetten von mir aufgezeigt und mir die Augen geöffnet. Ich kann Zusammenhänge, die einen Konflikt ausmachen jetzt viel besser verstehen und merke an mir, dass ich, das Gesprochene, mit anderen Augen sehe und versuche zu hören, was NICHT gesagt wird. Das ist nämlich meistens die Information, die am Wertvollsten ist. Wie wir kommunizieren, ist zu einem Großteil unterbewusst.


ABER was ist jetzt eigentlich Mediation? Im Grunde geht es ganz simpel um Konfliktregelung. Zwei oder mehr Menschen haben einen Konflikt miteinander und möchten diesen freiwillig und gemeinsam für sich lösen, wissen jedoch nicht wie oder wer den ersten Schritt setzen soll, dann kann Mediation weiterhelfen. Ein Mediator/Mediatorin ist ein/e neutrale und allparteiliche Person die die Streitparteien bei der Lösung des Konflikts begleitet. Ganz Wichtig ist dabei, dass der/die Medatior/in niemals eine Lösung vorgeben wird sondern “nur” den friedlich Rahmen bietet in dem die beiden oder mehr Streitparteien sich die Sache, das Problem, den Konflikt ausdiskutieren können. Der Mediator ist also für den Prozess verantwortlich und die Medianten für den Inhalt.

Wie funktioniert das in einem klassischen Mediations-Fall?

Die 2 Streitparteien (z.B. Nachbarschaftsstreit über zu LAUTE Musik) einigen sich für eine Mediation und nehmen Kontakt  mit einem/r Mediatorin auf. Es kommt zu einem ERSTGESPRÄCH. Auf neutralem Boden. In der Praxis des Mediators. In diesem Erstgespräch werden die Rahmenbedingungen abgesteckt und ein gemeinsames Ziel vereinbart. Dieses gemeinsame Ziel kann sich im Fortlauf der Gespräche durchaus ändern, auf jeden Fall sollte es aber zu Beginn der Gespräche ein gemeinsames Ziel geben das zukunftsorientiert ausgerichtet ist.

Sind die Rahmenbedingung geklärt, das Ziel vereinbart und alle entscheiden sich für eine gemeinsame Zusammenarbeit, dann kommt es in die Phase 2 – THEMENSAMMLUNG. Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, gibt es in einem Konflikt viele unterschiedliche Themen und Sichtweisen die unmittelbar auf den Konflikt einwirken. Die Phase 2 dient dazu, dass alle Themen, und ich meine wirkliche ALLE Themen auf den Tisch gelegt werden. Erst wenn jeder/jede seine Themen vorgetragen hat, kann das Gespräch auf die nächste Ebene gehoben werden.

Die Themen werden beleuchtet und es kommt zur KONFLIKTERHELLUNG. Die Medianten tauchen gemeinsam in die Untiefen hinunter und versuchen zu erklären, verstehen, zu sehen was hinter diesen einzelnen Themen versteckt liegt. Welche Wünsche, Gefühle, Bedürfnisse, Ängste, Sorgen sind da unten verborgen und wollen endlich ans Tageslicht gelangen, damit auch sie einmal Zuneigung, Verständnis, Gehör verspüren und bekommen. In dieser Phase kann es sehr emotional werden. Und wenn dieser Punkt erreicht ist, ist das meistens ein gutes Zeichen, weil dann, ja dann sind die Medianten am Kern angelangt und können gemeinsam wieder auftauchen und die verborgenen Schätze näher betrachten.
Gibt es eine Einigung darüber, dass zu allen Themen auch alle Interessen/Wünsche/Sorgen/… bearbeitet wurden, dann kommt es in die spannende Phase 4 der OPTIONEN UND LÖSUNGEN. Hier ist die Kreativität gefragt. Mit Hilfe von Kreativitätsmethoden wie Brainstorming/Brainwriting/Kopfstand-Methode und vielen mehr, werden die Medianten dazu aufgefordert Optionen zu suchen, wie eine gemeinsame Lösung für die Zukunft ausschauen könnte. Jedes Thema hat unterschiedlich viele Optionen. Manche sind zu verrückt um sie weiter zu betrachten aber viele werden der Lösung dienlich sein und diese gilt es dann auch gemeinsam zu evalieren und zu visualisieren. Aber HALT, nicht so schnell. Auch in dieser Phase ist es sehr wichtig, genau darauf zu achten, welche Optionen zu Lösungen verbunden werden. DENN die oberste Prämisse einer Mediation ist, dass wir einen Konsens für beide Parteien finden wollen. Und bei Konsens geht es darum, dass beide Parteien einen “GEWINN” erzielen. Niemand verliert mehr als er/sie dafür hergeben muss. Faule Kompromisse werden nicht akzeptiert.
Und so sind wir auch schon in der Phase 5 angelangt. Das Ergebnis wird schriftlich niedergeschrieben und es kommt zu einer Mediationsvereinbarung, die von beiden Medianten unterzeichnet wird. Die neue Zukunft kann beginnen und möge sie in Frieden verlaufen.

Wie handelst du das mit deinen Konflikten?